Reisebericht Nr. 4a: Belgrad - Sibiu (Rumänien)

Wie oft haben wir uns auf der vorherigen Fahrt gewuenscht, einige Kilometer Flachtetappe fahren zu koennen. Von Belgrad aus ging dieser Wunsch fuer die naechsten 150 km in Erfuellung, doch die immergleiche Sitzposition bereitete unseren Hintern dann Probleme. Vor der rumaenischen Grenze fuhren wir einen Feldweg hinaus ausser Sichtweite der Strasse und campierten da. Die Mais-, Getreide- und Sonnenblumen-Felder dehnen sich endlos aus. So faehrt der Bauer der uns das zelten bewilligt hat, mit seinem riesigen Traktor mit Harkmaschine durch das Maisfeld, und 20 Minuten spaeter ist er wieder zurueck. Als wir am Grenzuebergang eintreffen, staunen wir nicht schlecht. Etwa 20 deutsche Motorradfahrer warten auf die Abfertigung. Sie fuhren im Konvoi durch das ehem. Jugoslawien und Rumaenien, unter Polizeischutz, mit eigenem Ambulanzwagen, Adac-Service- und Abschlepp-Wagen und Begleitfahrzeug. Zu gefaehrlich sei das Motorradfahren hier sonst. Ein mitleidiges Grinsen koennen wir uns nicht verkneifen, und wir fragen uns, warum solche Leute nicht zu Hause bleiben.

Wir erhalten einen serbischen Ausreisestempel, eigentlich verwunderlich, denn bei der Einreise wurden wir nur gefragt ob wir von Montenegro her kommen. Montenegro ist unabhaengig, doch anscheinend tut Serbien so, als waere dies noch ein Teil ihres Staates (so unsere Interpretation). Die erste Nacht in Rumaenien laedt und ein Bauer ein bei ihm zu campieren. Wir werden mit frisch gemolkener Milch und mit selbstgemachtem Kaese versorgt. Aurel (Name des Bauern) spricht gut Englisch und seine Frau etwas Deutsch. Er versucht als Guide zusaetzlich etwas dazu zu verdienen. Hat jemand Lust eine Biketour oder andere Aktivitaeten in Rumaenien zu unternehmen, Aurel ist bestimmt ein guter Guide. Seine Tipps waren alle richtig und sehr hilfreich. www.challengeromania.com

Auf rumaenischen Hauptstrassen ist Fahrradfahren kein Vergnuegen da sich der ganze Schwerverkehr hindurch zwaengt, und so weichen wir auf Nebenstrassen aus. Diese sind oft in einem miserablen Zustand und wir sind sehr froh, ueber einen stabilen Velorahmen und gute Pneus zu verfuegen. Oft holpert man von Schlagloch zu Schlagloch, faehrt durch Baeche und nach dem Regen hatten wir mit Schlamm und strassenbreiten Pfuetzen zu kaempfen. An einem Ort findet gerade ein Festival statt und wir kommen in den Genuss rumaenischer Folklore. Wir besuchen auch das beruehmte Gebiet mit den heissen Thermalquellen. Da koennte man gratis baden, aber nur der Pius konnte sich ueberwinden, mir war es nicht "anmaechelig" genug. Eine andere durchfahrene Gegend ist sehr trist, viele verfallene, verlassene Haeuser und Fabriken sind ueberall zu sehen und die noch zurueckgebliebenen Leute scheinen arm zu sein. Hier unser Zelt aufzuschlagen waere wohl nicht ratsam, macht uns eine einheimische Velofahrerin klar, und mit ihr zusammen fahren wir deshalb fuer weitere 11 km den Berg hoch, schlafen dort auf einer Veranda mit Aussicht ueber das ganze Tal und die bewaldeten Huegel ringsum. Unsere Velos stehen sicher behuetet in der Stube der Familie.

Seit Belgrad haben wir uns immer in Baechen gewaschen und nun goennen wir uns hier ausserhalb Sibiu, frueher Hermannstadt genannt, ein kleines Haeuschen mit eigenem Bad, d.h. Warmwasser-Dusche. Das empfinden wir als wirklichen, aber sehr angenehmen, Luxus. In dieser Region (Siebenbuergen) wird von der deutschstaemmigen Bevoelkerung ihre urspruengliche Sprache gesprochen, und dies teils in einem solch urspruenglichen Dialekt, dass wir Muehe haben alles zu verstehen. Hier finden sich auch viele huebsche Doerfer, auf den Kaminen und Telefonmasten haben Stoerche ihre Nester gebaut. Rumaenien hat viele Gesichter; die armen Landesteile, die endlos bewaldeten Huegel, die klaren Bergbaeche, die huebschen Staedtchen und Doerfer mit den beruehmten Kirchen, die laendliche Idylle mit Pferdefuhrwerken und Feldarbeit die von Hand erledigt wird - immer wieder sind wir von neuem ueberrascht. Und das ist die interessante Sache des Reisens die wir sehr geniessen.